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Hinweise zur Aufzucht und Prägung von Welpen, die Rettungshund werden sollen.

Lieber Züchter!

Wir als Rettungshundeführer wünschen uns einen wesenssicheren, arbeitsfreudigen, selbständigen und sozialverträglichen Hund als Partner. Durch die sorgfältige Auswahl der Elterntiere haben sie die genetischen Grundlagen dafür bereits geschaffen. Damit die genetische Veranlagung ihrer Welpen aber voll zur Ausprägung kommen kann und wir als Hundeführer Hunde bekommen, die später alle guten Eigenschaften dieser Verpaarung zeigen und damit erstklassige, einsatzfähige Rettungshunde werden, müssen Sie nun für eine optimale Prägungs- und Sozialisierungsphase sorgen. Wir möchten Sie dabei gerne nach Kräften unterstützen und haben daher dieses Merkblatt erstellt. Unsere Hundeführer legen großen Wert darauf, die Welpen so oft es geht zu besuchen und tatkräftig an der optimalen Prägung mitzuwirken.

Die Prägungs- und Sozialisierungsphase des Welpen dauert von der 4. bis 12. Lebenswoche. Diese Phase ist für die spätere Verwendung als Rettungshund extrem wichtig. Was er jetzt kennen lernt, dem wird er später mit Selbstsicherheit begegnen. Was er jetzt nicht kennen lernt, davor wird er sich später fürchten. Wenn er jetzt nicht lernt, zu spielen und zu apportieren, wird er das später niemals hinreichend lernen. Nur in dieser Zeit wächst das Gehirn als Organ und stellt alle Verknüpfungen her, die der Hund später zum Leben braucht. Fast jedes Angst- oder Aggressionsverhalten, jede Lern- und Triebschwäche und jede verminderte Stressresistenz resultiert aus Fehlern, die in dieser Phase gemacht werden. Der Hauptfehler ist, gar nichts zu machen!

Die ganz besonders wichtigen Anteile der Prägungs- und Sozialisierungsphase finden beim Züchter statt, der spätere Hundeführer hat hierauf oft kaum oder gar keinen Einfluss. Dieses Merkblatt soll Ihnen als Züchter Hinweise geben, was Sie tun können, damit aus Ihrem Welpen später ein erstklassiger Rettungshund werden kann.

  1. Möglichst Kontakt der Welpen zum Vaterrüden, sofern sich dieser im selben Haushalt befindet und mit der Mutterhündin verträgt. Erziehungsspiele des Rüden sollten nicht unterbunden werden, auch wenn der Rüde scheinbar ruppig oder tollpatschig mit den Welpen umgeht. Voraussetzung ist, dass der Rüde nicht aggressiv ist.
  2. Im Zeitraum der 3.-5. Woche sollen die Welpen möglichst Spielkontakt mit Kleintieren wie Hühnern, Katzen oder Kaninchen haben, damit sie später nicht dazu neigen, diese zu reißen. Jetzt können sie ihnen noch nichts tun, nehmen sie als Spielkameraden an und lernen sie als befreundete Arten kennen.
  3. Ab der 4. Woche sollen die Welpen viele anregende Spielzeuge vorfinden, z.B. alte Lappen, leere Plastikflaschen, Eimer, zerknülltes Zeitungspapier, Tauwerk, Bälle, Hundespielzeug usw.. Nur in dieser Zeit lernen sie zu spielen und zu apportieren. Zerrspiele und neugierige Erkundungsspiele sind jetzt wesentlich für die spätere Verwendung des Hundes als Rettungshund. Ohne guten Beutetrieb wird der Hund später schlecht zu verwenden sein!!!
  4. In der Zeit von der 4.-7. Lebenswoche sollen die Welpen möglichst verschiedene Personen (Babys, Kinder, Erwachsene, Frauen und Männer, verschieden gekleidet (Hut, Mantel, Stock, Rollstuhl…) kennen lernen. Auch müssen sie jetzt alle möglichen Tiere kennen lernen, denen sie später begegnen (Pferde, Rinder, Schafe, Hunde usw.). Sie lernen in dieser Zeit, welche Lebewesen freundlich und welche gefährlich sind. Was sie jetzt nicht kennen lernen oder womit sie jetzt schlechte Erfahrungen machen, davor werden sie später, oft zeitlebens, Angst haben. Alles, was sie jetzt kennen lernen, wird später als befreundetes Lebewesen oder befreundete Art eingeordnet. Dazu ist Geruchs- und Berührungskontakt erforderlich.
  5. Ab der 4. Lebenswoche sollte der Auslauf der Welpen auf den Außenbereich des Zwingers oder Welpenlagers ausgedehnt werden. Ihr „Spielplatz“ muss täglich zugänglich sein, sie benötigen Sonnenlicht und Regen, um später mit allen Wetterlagen umgehen zu können und damit sich das Knochenwachstum gesund entwickelt.
  6. Welpen bis zum Alter von 7 Wochen haben einen zunehmenden Aktionsradius, der jedoch 50 m nicht überschreitet. Der Erkundungsbereich der Welpen sollte daher so groß wie möglich gewählt werden und neben Hof und Garten auch Treppen, Keller, dunkle Kammern, den Wohnbereich, Teppiche, glatte Böden usw. beinhalten.
  7. Mit 5 Wochen zanken die Welpen häufig heftig. Nichts ist falscher, als diese Kämpfe zu unterbrechen oder zu unterbinden! Nur so können Welpen den sozialen Umgang miteinander lernen.
  8. Die Welpen sollen täglich hochgehoben, gestreichelt und festgehalten werden. Auch auf-den-Rücken-legen müssen sie sich gefallen lassen.
  9. Die Welpen müssen in der 4.-8. Lebenswoche alles kennen, womit sie später konfrontiert werden. Immer ist Geruchs- und Berührungskontakt notwendig, der optische oder akustische Kontakt allein reicht meist nicht aus. Die Welpen müssen jetzt Autofahren, Autos, Straßenverkehr, Jogger, Radfahrer, Haushaltsgeräte wie Mixer, Waschmaschine oder Staubsauger, Radio, laute Werkzeuge wie Hämmer, Bohrer, Kompressoren, Motorsägen usw. kennen lernen.
  10. Die Welpen müssen die Gelegenheit haben, sich mit Wasser (Pfützen, Teiche, Bäche, Tröge…) bekannt zu machen und sollten lernen, ins Wasser zu gehen.
  11. Besuche in einer Tierarztpraxis und das ruhige Verharren auf einem Untersuchungstisch gehören ebenfalls zum Welpentraining, wie das Bürsten mit einer weichen Bürste.
  12. Die Welpen sollten jetzt auch mit Feuer und Rauch (Verbrennen von Gartenabfällen, Schwenkgrill etc.) konfrontiert werden, wobei sie keine schlechten Erfahrungen machen dürfen!
  13. Knallgeräusche, z.B. mit der Kinderpistole, platzenden Luftballons oder zusammen geschlagenen Brettern, sollten regelmäßig ab der 4. Lebenswoche verursacht werden.
  14. Der Welpenauslauf muss zwingend so abwechslungsreich wie möglich gestaltet werden und den Welpen viele Klettergelegenheiten bieten: Bretter, die wackeln, Kisten, Stufen, Röhren, Holzstapel, Bauschutt, Gitterroste, alte Möbelstücke usw. Nur wer jetzt lernt, mutig allerlei „Gerümpel“ zu erklimmen und enge Löcher zu erforschen, kann später ein guter Rettungshund werden! Es müssen nicht teure Agilitygeräte sein, der Welpenauslauf darf gerne an einen Schrottplatz oder an Sperrmüll erinnern! Die Anordnung der „Klettergeräte“ sollte häufig verändert und um neue Teile ergänzt werden. Es darf ruhig wacklig und glatt sein, allerdings ist zu verhindern, dass die Welpen abstürzen oder eingeklemmt werden können.
  15. Optische Reize, wie flatternde Fahnen, Wäsche, die zum Trocknen auf der Leine hängt oder wehende Vorhänge usw. sollten für die Welpen in wechselnder Variation stets sichtbar sein.
  16. Der Welpenspielplatz sollte täglich wenigstens für ein paar Stunden zugänglich sein. Man kann ihn z.B. auf einem separat eingezäunten Platz im Hof errichten, so dass die Welpen nicht ununterbrochen beaufsichtigt werden müssen. Sofern der Platz es zulässt, sollte der Welpenspielplatz bzw. Teile davon im Zwinger oder Welpenzimmer errichtet werden und stets frei zugänglich sein.
  17. Mit 5 Wochen verlassen die Welpen das Nest, um ihr Geschäft zu verrichten. Sie sollten dabei an die Unterlagen (Gras, Erde…) gewöhnt werden, die sie später dazu aufsuchen sollen. Spätestens ab der 6.-7. Woche nehmen die Welpen gezielt solche Stellen an – anderenfalls werden sie auf den Zwingerboden oder die Zeitungen in der Welpenecke konditioniert und das erschwert das Stubenreinwerden beim späteren Halter!
  18. Was Welpen in der 4.-7. Woche als fressbar kennen lernen (Fleisch, unterschiedliches Fertigfutter, Obst, Gemüse), das werden sie auch später akzeptieren. Gegen alles andere wird der Hund später eine Abneigung entwickeln oder schwer zu gewöhnen sein!
  19. Bei aller Mühe, die sich der Züchter mit der Umweltprägung seiner Welpen gibt, sollten die Welpen nicht überfordert werden. Mit 4 Wochen sollten die neuen Umweltreize täglich immer nur wenige Minuten anhalten. Die „Lernzeiten“ werden langsam gesteigert, mit 10 Wochen sollten Ausflüge außerhalb der gewohnten Umgebung, bei denen gezielt neue Dinge erkundet werden, 1-2 Stunden pro Tag nicht überschreiten.
  20. Das Gehirn wächst jeden Tag und braucht jeden Tag neue Eindrücke! Ein Tag ohne neue Dinge ist ein verlorener Tag!
  21. Die Welpen müssen ab der 5. Woche das gemeinsame Spiel untereinander und das gemeinsame Spiel mit dem Menschen erlernen. Insbesondere Beutespiele und Apportierspiele sind für die spätere Verwendung als Rettungshund wichtig.
  22. Spielerisch können bereits ab dem Alter von 5 Wochen spätere Kommandos wie Kommen, Sitzen, Stehen oder Hinlegen geübt werden. Mit 6-8 Wochen sollte der Welpe Bellen auf Kommando erlernen und bereits Sitz, Platz und Steh sowie Kommen auf Ruf oder Pfiff kennen. Kleine Suchübungen (z.B. nach Futter oder Spielzeug) sollten schon mit 5-6 Wochen als Spiel beigebracht werden.
  23. Eine regelmäßige Entwurmung im Alter von 4, 6 und 8 Wochen oder im Alter von 3, 5 und 7 Wochen mit einem Breitbandmittel gegen Rundwürmer und Giardien ist die beste Vorbeugung gegen schwere Infektionen wie Parvovirose und Staupe. Eine Impfung darf nur bei entwurmten Welpen stattfinden.
  24. Die erste Impfung (Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Parvovirose) kann mit 7-8 Wochen erfolgen. Sollte in der Umgebung die Parvovirose grassieren, kann dagegen bereits mit 6 Wochen geimpft werden.
  25. Da Welpen im Alter von 8 Wochen eine Angstphase durchmachen, sollten sie entweder davor (mit 7 Wochen) oder – besser – danach, mit 10-12 Wochen an den neuen Hundeführer abgegeben werden.
  26. Bitte geben Sie bei der Abgabe des Welpen dem neuen Hundeführer von dem gewohnten Futter soviel mit, dass es für eine Woche ausreicht!

Wir freuen uns, wenn Sie auch nach der Abgabe des Welpen weiterhin Kontakt zum neuen Hundeführer halten und sich über die Fortschritte des Welpen zum Rettungshund informieren!

Ihre Rettungshundestaffel ASB Mittelhessen